*****d73:
Wenn man sich für eine "Krankheit" einen Namen aussucht, mit dem man sich über die anderen erhöht UND dann noch einen auf Elite macht (z.B. der sanfte Hinweis das man ja Hochsensibilität auch mit Hochintelligenz in Verbindung bringt) - dann krieg ich nen dicken Hals.
Hmm, da ich diese Verbindung hier genannt hatte, geht die Kritik wohl an mich. Dann antworte ich auch drauf.
Ich denke, du hast da übersehen, dass dieser Vergleich ein
Negativbeispiel war. Eltern brüsten sich gerne mit ihren "hochintelligenten" Kindern, es würde mich deswegen auch nicht überraschen wenn ich auch von Eltern erführe, die ihre "hochsensiblen" Kinder preisen. Das ist kein feiner Zug und auch ziemlich unverschämt, sagt es doch indirekt aus, dass die anderen Kinder um ihres herum ja nicht so wären.
Ihr Kind ist was Besonders.
Ich finde deswegen den Begriff "hochsensibel" auch außerordentlich unglücklich. Denn es ist ja eine Eigenschaft, die einen nicht
besser macht, sondern nur
anders, und das auch nicht ausschließlich positiv. Eine intensivere Wahrnehmung äußerer Reize bedeutet schließlich auch eine größere Gefahr einer Reizüberflutung.
Man könnte beispielsweise auch "hypersensibel" zu sagen. Oder "übersensibel". Klingt auf einmal gar nicht mehr so toll, nicht wahr?
Ich bin dankbar für dieses Thema hier, weil ich jetzt auch mal erfahren habe, wie andere mit dieser Eigenschaft umgehen, mit welchen Problemen sie zu kämpfen haben, und wie sie diese lösen. Um festzustellen: Gar nicht mal so viel anders.
Ach ja, an jene die vielleicht versuchen, sich diesen Zustand der "Hypersensibilität" vorzustellen: Stellt euch vor, ihr seid verliebt in jemanden. Da ist es dann stellenweise ähnlich: Jede kleine Geste, jede Bewegung, alles von dieser Person wird in jenem Zustand intensiver wahrgenommen.
Dass das nicht nur Segen, sondern auch Fluch sein kann, wird sicher schon jeder einmal erfahren haben. Vor allem in jener Phase, in der man sich grade ganz und gar nicht sicher ist, ob diese Zuneigung von der geliebten Person erwidert wird oder nicht.
Abschließend noch zur Diagnose: Selbst fällt einem das ja gar nicht so auf. Es ist eher die Umgebung, die irritiert reagiert und du
dann merkst, dass das wohl nicht normal ist bei dir selbst. Wenn ich früher beispielsweise, ehrlich und taktlos
wie ich bin, jemanden drauf ansprach, dass er/sie heute so schlecht drauf wirke, dann gab es meist große Augen der Sorte "Wow, du bist bislang der einzige, dem das aufgefallen ist, dabei dachte ich, dass ich es so gut verbergen konnte...". Wenn das mal passiert ist das nichts Auffälliges, wenn es aber ständig geschieht, dann sieht es schon anders aus. Diese Statistik lässt sich nicht mal mehr vor sich selbst fälschen.
(Es sollte allerdings noch angefügt werden, dass es auch hier diese echt blöde Betriebsblindheit gibt: Wenn sich jemand in mich verliebt (oder auf dem Weg dorthin ist) müsste ich das dann ja auch sofort merken, nicht wahr? Genau hier ist dann aber komischerweise der Detektor dann anfangs immer kaputt.
Da wiederum wäre es mal spannend zu erfahren, ob es vom Körper Absicht ist, es biologisch sogar so voreingestellt ist, dass es da eine Art "automatischer Schutz" ist, denn dieses intensive Gefühl des Verliebtseins ist, wenn es ungefiltert ankommt, in dem Moment dann ja durchaus eine Gefahr (der Reizüberflutung). )
Nun denn. Wäre schön wenn dieses Thema offen bliebe. Vielleicht melden sich ja noch einige Betroffene mehr und erzählen, wie sie ihrerseits das Leben mit dieser Eigenschaft, bisweilen auch Leiden, meistern.
****ZH:
So wie es hier teilweise ausgedrückt wird (oder bei mir ankommt), heisst es oft, nur HSP-Menschen wäre zu dermassen tiefen Gefühlen fähig.
Das sehe ich anders.
O ja, da mag ich auch vehement widersprechen, das sehe ich genauso wie du, Gax_ZH! Hochsensibilität bedeutet lediglich, dass man äußere Reize, auch Emotionen, schneller wahr nimmt. Das hat aber rein gar nichts damit zu tun, dass die eigenen Gefühle intensiver wären als die anderer Menschen. Würden andere Menschen denselben Reiz genauso ungefiltert wahr nehmen, würden sie ebenso heftig davon betroffen sein. Davon bin ich überzeugt.
Der Unterschied besteht lediglich darin, dass da, sage ich jetzt mal, ein Kanal mehr offen ist, der bei anderen eher geschlossen ist. Was auch ganz in Ordnung ist dass er zu ist, denn hier gibt es ja nun wirklich viele gut beschriebene Beispiele, zu welchen Problemen es führen kann, wenn diese Tür dummerweise doch offen ist. Sie dann selbsttätig aktiv wieder zu schließen gleicht bisweilen der Quadratur des Kreises.
Darum: Vorsicht mit dem Stolz darauf, "hochsensibel" zu sein. Wer es wirklich ist, der hat auch immer wieder Probleme damit. Es ist keine reine Gabe, es ist auch ein Fluch. Und der ist mitunter echt nicht ohne.