Grenzverschiebung = höher, schneller, weiter?
Nein, dem ist denke ich so nicht! zumindest nicht ausschliesslich.
GRENZVERSCHIEBUNG klingt einfach "ernst". Ist es aber nicht. Es heisst nichts weiter, ausser dass man gemeinsam neue Erfahrungen machen möchte. Jemanden (den Partner) dazu bringen möchte, etwas zu tun, gegen das er Vorbehalte hat.
Das geht übrigens auch bei Stinos – nur nennt man es da nicht so. Und macht dafür kein riesen Fass auf, wie hier.
Beispiele? Gern!
ER findet Shoppen total scheisse. Mit seiner Ex hat es NULL Spass gemacht am Samstag in die City zu fahren, und ihr dabei zuzuschauen, wie sie in ihren "Wohlfühl-Klamotten" und den ach so bequemen Sneakern von Laden zu Laden flattert und sich langweilige Banalitäten anschaut, die sowieso kein Mensch braucht. Er HASST Shopping! Das ging über seine Grenze.
Irgendwann kam die Trennung und eine neue Frau ins Haus. Das erste Mal, als sie sagte: "Schatz, lass uns Shoppen gehen." gefror ihm das Blut in den Adern! Aber ihr zu liebe, liess er sich überreden und ging mit. Erstaunlicher Weise, trug sie keine Sneaker sondern nette Pumps. Dazu die enge Hose, die er mochte. Und schnell stellte er fest, dass er ihr genüsslich auf den Arsch schauen konnte, wenn er sie etwas vorgehen liess. Oder wenn sie sich an einem Regal ganz nach unten bückte, so ging sie nicht in die Hocke, wie seine Ex, sondern beugte sich mit gestreckten Beinen nach unten – WAS FÜR EIN ANBLICK! Und dann, bei einer Kaffee-Pause leckte sie sich so unglaublich lasziv den Kaffe-Schaum vom knallroten Mund, dass dem Kellner fast das Tablett runterfiel. Langsam gefiel es ihm, Shoppen zu gehen. NEIN, ES WAR GEIL!
Wäre er nicht über seine Grenze gegangen, dann hätte er NIE erlebt, dass Shopping so gut sein kann.
Fahrradfahren? Ich? NIE WIEDER! Schwor sie sich nach dem letzten Ausflug mit ihrem Ex. Ihr tat ALLES weh. Der Arsch, der Rücken, die Hände der Nacken. Ihre Waden brannten wie Feuer.. Sie bestand nur noch aus SCHMERZ pur und wusste nicht, ob sie am nächsten Tag zur Arbeit gehen konnte. Scheisse, und das wo ihr Chef sie ohnehin schon auf dem Kieker hatte. NIE WIEDER!
Jetzt wollte ihr Neuer UNBEDINGT eine Fahrradtour mit ihr machen. "NIEMALS!" sagte sie und erzählte von ihren Leiden. "QUATSCH!" sagte er. "Du kommst mit.". Sie dachte über Trennung nach. Wie kann er ihre Grenzen einfach nicht respektieren? Er redete mit ihr und versuchte sie zu überzeugen.Langsam vertraute sie ihm und schliesslich gab sie nach, ihm zu liebe. Aber nur unter der Voraussetzung, dass sie sofort in ein Taxi steigen könnte, sobald ihr auch nur das kleinste bisschen weh tat. Sie schwang sich auf ihr Fahrrad und im selben Moment viel er fast von seinem, weil er sich vor Lachen kaum im Sattel halten konnte. Sie machte echt eine tragisch-komische Figur auf ihrem Fahrrad. Es war mindestens zwei Nummern zu klein eingestellt. Ihre Knie berührten fast den Lenker, ihre Hände nahmen eine gekrümmte Haltung ein. Ihr Nacken bog sich im 90° Winkel ungesund nach oben.
"Steig ab." sagte er. Sie schaute ihn staunend an. Er nahm sein Werkzeug und stellte ihr das Fahrrad auf ihre Größe ein. "Wer hat dir denn vorher das Fahrrad eingestellt?" fragte er sie. "Mein Ex natürlich! Er sagte, dass er sich damit auskennt." "Haha" kam von ihm nur als Antwort.
Sie machten sich auf den Weg und ihr gefiel es zunehmend. Sie wollte gar nicht mehr aufhöhren und immer weiter fahren – so mühelos war die Fahrt. Er zwang sie dann aber doch irgendwann zur Umkehr. Denn er wollte nicht, dass sie über ihre Belastungsgrenze ging. Zumindest nicht beim ersten mal.
Am nächsten Tag im Büro war ihr Chef erstaunt, dass seine Kollegin so vital und voller Tatendrang war.
Innerlich dankte sie ihrem Neuen, dass aus einer schlechten Erfahrung ein positives Erlebnis geworden ist, welches sie mit ihrem Ex nie hatte.
Diese Beispiele sind zwei völlig banale Beispiele für Grenzverschiebungen. Die Stinos nennen das nur nicht so bedeutungsschwanger ...
Vielleicht helfen diese Beispiele dem ein oder anderen zum Verständnis. Es geht NICHT IMMER um höher, schneller weiter. Man muss nur etwas abstrahieren.
Hendrik