**********henke:
Ist es nicht so, dass BDSM Gefühle in uns hervorkitzelt, die wir "normalerweise" nicht empfinden?
Jain.
1. Jede Form von Sex bringt uns in Kontakt mit Trieben, mit denen wir im Alltag selten in Kontakt treten. BDSM ist in der Umsetzung nur extremer. Macht es realistischer. Das gemeinsam Erlebte setzt sich mehr in der Erinnerung fest. Darüber lässt sich weniger leicht hinweg schauen/ vergessen.
2. "Natürlicher Weise" empfinden wir auch abseits von BDSM so und "normaler Weise" verleugnen wir es oft.
3. In einem Lebensgefährten will ich meinen sicheren Anker spüren. Wie heißt es so schön? - "Meine bessere Hälfte." Nicht die schlechtere, am Abgrund balancierende. Tagtäglich die "bessere Hälfte" vor Augen zu haben, macht es leichter selbst ein besserer Mensch zu sein. Da liegt oft viel "Wohlwollen"/ "nicht wahrhaben wollen" im Blick. - Sich selbst zuliebe.
Ich kenne einen Menschen, der ist wunderbar. In dessen Gegenwart komme ich auch mit meinen destruktiven Kräften ins Reine. Kann diese annehmen. Fühle mich "freier"/ "vollständiger"/ "heiler". Wir leben unsere destruktiven Kräfte nicht-sexuell aus - auf spielerische Art und Weise, ohne jemanden zu schaden. Doch wenn wir uns zu oft treffen, mutieren wir beide zu Arschlöchern. Dann mögen wir uns selbst nicht mehr. Es ist für mich zu schön und viel zu leicht, in seiner Gegenwart auch Mal fies zu sein. Er nimmt es mit Humor. Andersherum genauso. Wir können uns nicht lange böse sein. Ja, durch ihn muss ich oft über mich selbst lachen. Doch es ist nicht gut, wenn dieses fies-sein zur Gewohnheit wird. Als ausgleichende Ausnahme super. Aber nicht als Gewohnheit.
Er hat seine "bessere Hälfte" gefunden. Er muss nicht verleugnen, was er ist. Doch in ihrer Gegenwart muss er häufiger nett sein und es macht ihm Freude. Sowas will auch ich.
Nun ja.. ich denke besagter platonischer Freund ist einer der Grunde, warum ich BDSM nicht zwingend leben muss. Warum ich ebenso glücklich in einer Partnerschaft mit Vanilla-Sex sein kann. Denn ich kann diese destruktiven Triebe auch außerhalb von BDSM (er)leben. Schön wäre ein Lebensgefährte, dem es genauso ergeht wie mir: Der nicht mehr beständig das Bedürfnis hat, in die Abgründe abzutauchen sondern diese nur noch ab und an mit seiner Gefährtin erleben mag. Aber wie gesagt: Ich bin da nicht so festgelegt, was jetzt alles in die Partnerschaft rein müsste. BDSM ist für mich nur eine mögliche Ausdrucksform. Dieselbe Gefühlstiefe kann ich auch auf anderen Ebenen gemeinsam erleben. Habe ich einen Partner, mit dem ich z.B. vierhändig Klavierspielen kann, brauche ich kein BDSM.
***aa:
Willst Du damit sagen, dass Liebe außerhalb einer Lebenspartnerschaft intensiver/schöner/spannender/erfüllender wasauchimmer ist als Liebe innerhalb einer Lebenspartnerschaft?
Die Liebe innerhalb einer Lebenspartnerschaft empfinde ich anders. Sie ist mehr auf das ausgerichtet, was man oft leben will. Dagegen mögen die Abgründe abenteuerlicher sein. Doch machen die Abgründe nur einen kleinen Teil des Wesens aus. Sie sind da. Aber sie müssen nicht allgegenwärtig sein.
Ich denke, was erfüllender ist, muss jeder Mensch für sich selbst entscheiden. Das kann sich mit der Zeit auch ändern. Ich merke, dass ich mit zunehmenden Alter das Glück der kleinen Dinge immer mehr schätze. Ja sogar intensiver spüre. Das empfinde ich jetzt als erfüllender. Vor ein paar Jahren hätte ich noch gesagt, dass das häufige in-der-Tiefe-Schürfen erfüllender ist. Vorzugsweise natürlich mit dem Lebensgefährten. Dass ich mich nur damit so richtig lebendig fühle. Jetzt brauche ich die Extreme nicht mehr, um mich lebendig zu fühlen.
*******ice:
Denn wer sich für das Gegenüber nur während der Sonnenstunden interessiert, und die schattigen Momente nicht teilen möchte, der wirkt zumindest auf mich sehr Egoistisch.
Und ich fand es verdammt egoistisch, in welcher Selbstherrlichkeit sich so mancher Dom vor mir aufplusterte, schamlos versuchte weiter zu stochern und meinte, er wolle für mich die starke Schulter zum Ausheulen sein. - Nicht für mich!
Für sein eigenes bigottes Ich-Ideal.
Das ist nicht gegen Dich @ patro_nice. Dich kenne ich nicht.
Mir war es bloß ein Bedürfnis, die andere Seite Deines Ideals aufzuzeigen.