Herzlichen Dank bis hier
... nun hab' ich erst mal wieder Denkstoff.
Zwischendurch möchte ich denen, die's interessiert, erzählen, wie ich auf diese Frage komme.
Vor knapp zwei Jahren war ich zum ersten Mal überhaupt in einem SM-Club. Meine eigene Erfahrung mit SM war minimal und beschränkte sich auf Schlagspiele, verbundene Augen, Fesselung ans Bett und Spiele mit Wachs. Das hatte ich so Ende der 90er Jahre (also im vorigen Jahrtausend
) mal mit einem Mann probiert, zu dessen Phantasien eben auch "so was" gehörte. Es war immer mit ganz viel Nähe und Zärtlichkeit verbunden gewesen und hatte mir daher sehr gefallen.
Danach hatte ich jahrelang ohne SM gel(i)ebt und es auch nicht wirklich vermisst. Jedoch wusste ich, dass - sollte ich mich erneut in jemanden verlieben, der auf "so was" steht - das auch für mich wieder ein Thema sein kann, als Bereicherung des gemeinsamen Sexuallebens, bei ganz viel tiefer Liebe - und dann sehr, sehr gern.
So, und nun war ich also wieder mächtig verliebt, und diesmal war es jemand, der von sich behauptete, BDSMler zu sein und viel Ahnung davon zu haben. Und da er mir gesagt hatte, dass die Wege in sein Herz nur über seine sexuellen Neigungen und eben durch diesen SM-Club führten (SM-Club? Hä? So was gibt's?), ging ich mit.
An jenem Januarabend 2016 fand dort ein Bondage-Workshop statt. Bondage, das wusste ich, hat was mit Fesseln zu tun. Fesseln ist für mich heikel, wegen Klaustrophobie. Das geht folglich nur, wenn ich mich wirklich absolut sicher und geborgen fühlen kann, weil auf den Partner Verlass ist und er auf mich eingeht. (Meine Erfahrungen aus dem vorigen Jahrtausend ...)
Aber gut. Bondage gucken, um zu sehen, dass das gar nicht schlimm ist und ich keine Angst davor haben muss - okay, nur zu.
Jetzt standen wir also in dem Raum, in dem der Workshop lief, und beobachteten das Geschehen. Ich war ziemlich erschüttert, denn die Atmosphäre wirkte auf mich sehr sachlich.
Zu sachlich. Unpersönlich. Salopp formuliert: Da führte also ein Rigger an einem Bunny so verschiedenerlei vor, das Bunny verzog keine Miene, und das Publikum - ziemlich gestylte Ladies und ihre Herren - guckten etwa so wie ich bei 'ner Arbeitsbesprechung montags im Büro.
Ich dachte: Komisch. Für mich ist Fesseln - okay, Bondage - eine Liebespraktik. Genau wie Streicheln oder Küssen Liebespraktiken sind. Und Streicheln und Küssen kann jeder normale Mensch mit dem richtigen Partner instinktiv; dafür braucht es keine Lehrunterweisung.
Ich grübelte weiter. Okay - das, was ich hier sah, hatte mit den Fesselspielen, wie ich sie kannte, nichts gemein. Ich kannte es wohl, gefesselt zu werden, um regungs- und wehrlos zu sein, also als spannendes erotisches Extra, das schön ist und Spaß macht. Aber hier war von Spannung oder Erotik oder gar Spaß nichts zu spüren. Es war nichts weiter als betont sachlich und eben unpersönlich.
Ich verglich im stillen diese Situation mit einem Kurs in Erster Hilfe. Aber auch dieser Gedanke brachte mich nicht weiter, denn bei Erste-Hilfe-Kursen wird ja gelehrt, sich um den Patienten zu kümmern, mit dem Patienten zu interagieren - was hier definitiv zu kurz kam.
Andererseits hatte diese Form des Fesselns hier irgendwie was von Kunst, ähnlich vielleicht wie Bodypainting. Das wäre eine Erklärung für die arbeitsintensive Atmosphäre und die Notwendigkeit von Workshops dafür.
Ich schaute meinen Begleiter an und hatte den Eindruck, dass ihn das, was wir da beobachteten, gar nicht wirklich interessierte und er lediglich damit beschäftigt war, wissend zu wirken. Wir verließen den Raum, gingen was trinken, und ich begann, ihn zu fragen. - Was er sich jedoch verbat, denn er verstand sich als Dom, und ich hatte als Sub gefälligst keine Fragen zu stellen. - Mir dämmerte ein Verdacht: Möglicherweise fürchtete er Fragen von mir, weil er sie nicht beantworten
konnte.
Jedenfalls fand ich diesen Workshop eher bedrückend, weiß aber inzwischen aus div. Foren, dass Workshops eben gern empfohlen werden. Insofern ist mein Eindruck möglicherweise völlig falsch.
Deshalb habe ich diesen Thread eröffnet und freue mich auf weitere Antworten.