Steht da vielleicht bei dir die Annahme dahinter, dass man nur deshalb mehrere Partner hat, weil man sonst etwas vermisst oder nicht bekäme? Das finde ich viel komischer.
Genau das finde ich absolut nicht komisch.
Hier steht dann ja die Frage "Warum eigentlich offene Beziehung" ganz vorne.
Meine letzte Poly-Beziehung (nicht wirklich komplett offen, da war die Partnerin klar abgesteckt und auch meiner Frau persönlich freundschaftlich bekannt) kam deshalb zustande, weil meine Ehefrau nicht auf alles stand das ich so mag. Und da es, aus meiner Sicht, völlig surreal erscheint, dass ein einziger Mensch bis an das gemeinsame Lebensende alle Bedürfnisse des Partners befriedigen kann war es nur logisch, dass da jemand anderes ins Spiel kommen könnte.
Und so war es das dann auch. Und ja: Diese Spielbeziehung zu meiner damaligen Sub wäre nicht zustande gekommen, wenn meine Ehefrau genau an diesen Dingen Spaß gehabt hätte. Dann wäre der "Bedarf" (garstig ausgedrückt) zu einer anderen Partnerin ja gar nicht da gewesen.
Wenn es dann zu einer Poly-Beziehung kommt, dann finde ich es sogar noch wichtiger Grenzen zu ziehen.
Wie respektlos erscheint es denn wenn man bei seiner Partnerin ist, nebeneinander kuschelnd auf der Couch liegt nachdem man gerade eine Session beendete und erstmal seiner Ehefrau schreibt, dass man sie vermisst und wissen will wie es so Zuhause ist?
Respektloser könnte man aus meiner Sicht der Partnerin gegenüber, die da gerade an einem hängt, ja gar nicht agieren.
Wo der Unterschied zu einer Nachricht irgendwem anderes gegenüber liegt?
Hier sind zwei Menschen die Zeit mit demselben verbringen - Partnerin und Ehefrau, oder Partner A und Partner B - und natürlich ist es dann ein Unterschied ob man seinem Kind eine lockere Nachricht schickt oder ob man mitten in der Cooldown-Phase seinem anderen Partner schreibt. Das vermittelt eine Gefühl von Beliebigkeit und dem "eigentlich wäre ich ja auch irgendwie gern gerade bei jemand anderes".
Wenn meine Frau neben mir auf der Couch saß und kuscheln wollte hätte sie es absolut merkwürdig gefunden wenn ich parallel anfange mit meiner Sub über Liebeskugeln per Whatsapp zu sinnieren.
Das hat etwas mit Feingefühl zutun. Das kann ich machen wenn es nicht gerade vor ihrer Nase stattfindet und ihr, oder der Sub in der umgekehrten Situation (denn vor ihrer Nase habe ich auch nicht meinen Valentinstag mit meiner Frau geplant), damit ein Gefühl der Beliebigkeit vermittelt wird.
Ich fürchte es ist eher ein Zeichen von Unreife für jede Art von Beziehung, wenn man mit dem Anspruch der dauerhaften ungeteilten Aufmerksamkeit an den Partner herantritt.
Es ist doch ein großer Unterschied ob man dauerhaft aufeinanderhockt - davon hat hier niemand gesprochen - oder ob man Partner A nichtmal für 24 Stunden aus dem Kopf lassen kann während man gerade bei Partner B ist.
Bei deiner Ausführung über das "vermissen" und texten mit Partner A während du bei Partner B bist fragte ich mich auch: Warum hast du eigentlich Poly-Beziehungen, wenn dein Kopf doch eh immer bei jemand anderem ist?
Das liest sich nicht "Poly" und nicht "offen" sondern nach "Beziehungsvagabundieren".
Wenn ich bei meiner Sub war, dann war ich mit dem Kopf auch ganz da. Dann wollte ich da sein. Dann habe ich mich auf das Miteinander, auch das freundschaftliche jenseits der Spiele, gefreut. Das war stets wie ein kleiner Urlaub. Ich selbst wollte dann gar nicht so viel von meiner Frau hören. Gut, das mochte mit daran gelegen haben, dass meine Sub gute 3-4h Fahrtzeit weiter weg wohnte und eben nicht drei Straßen weiter und das sie ein ganz anderer Mensch war.
Hätte ich dort gesessen und mich eigentlich nach meiner Frau gesehnt, sie vermisst, dann hätte ich sehr schnell hinterfragt ob die Konstellation überhaupt Sinn macht. Ich hätte ja auch einfach Zuhause bleiben können. Dann müsste ich auch niemanden vermissen.
Wir schrieben uns, wenn ich unterwegs war, nur wenn es um so Dinge geht wie "sag bescheid, wenn du durch den ganzen Verkehr angekommen bist" oder "sag bescheid, wenn du wieder zurückfährst". Wenn etwas besonderes passierte dann wurde auch geschrieben, klar.
Aber "Smalltalk" nur um sich zu lesen? Da hätte meine Frau schon keinen Bock drauf gehabt. Die war selbst froh sich dann ein Solo-Wochenende machen zu können. Zusätzlich hätte sie es ebenfalls komisch gefunden wenn ich mit ihr texte während ich bei jemand anderem liege, oder mit jemand anderem unterwegs bin.
Mir ginge das in umgekehrter Personenkonstellation genauso, da ich versuche einen Achtsamkeitsanspruch zu leben: Sei lieber da wo du gerade bist und verpasse den Moment nicht.